Rhodos

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rhodos westkueste

Die östliche Ägäis mit ihren vielen Inseln und endemischen Orchideenarten hat schon immer einen besonderen botanischen Reiz. Die Erforschung der Inselflora von Rhodos begann mit dem englischen Botaniker John Sibthorp (1758 - 1796), Verfasser der Flora Graeca, die nach seinem Tod ab 1806 in zehn Bänden veröffentlicht wurde. Zuletzt erschien von Andreas Kleinsteuber, Michael Ristow und Michael Hassler die Flora von Rhodos und Chalki - der erste Band 2016, der zweite Band soll bald erscheinen. Zu den Orchideen veröffentlichte Karel Kreutz 2002 Die Orchideen von Rhodos und Karpathos - nach wie vor eine wertvolle Bestimmungshilfe, in Teilen aber überholt, da inzwischen neue Arten bestimmt, andere neu eingeordnet wurden. 

Inselwanderung

Bei der Reisevorbereitung war für mich schnell klar, dass ich die Insel angesichts der überschaubaren Ausdehnung mit einer Länge von 77 Kilometern und einer maximalen Breite von 38 Kilometern in weiten Teilen zu Fuß erkunden wollte, um unterwegs möglichst viel zu sehen und um die botanische Exkursion klimafreundlich zu gestalten. Drei Abschnitte der Reise haben wir dann aber mit Bus und Taxi überbrückt, in der Karte mit Punkten dargestellt.

rhodos karte

Christiane und ich laufen nach der Ankunft am 31. März 2019 vom Flughafen ins nahegelegene Kremasti. Erste Pflanze, die uns ins Auge fällt ist die Kronen-Wucherblume (Glebionis coronaria), die auf Rhodos Massenbestände ausbildet und kalkreiche Standorte bevorzugt.

glebionis coronaria


ophrys sicula 1

nach Rhodos Stadt

Nach einer abendlichen Erkundung des kleinen Städtchens Kremasti laufen wir am 1. April zunächst die Küste entlang nach Nordosten, dann landeinwärts, um die vielbefahrene Küstenstraße zu meiden. Am Horizont ist die türkische Küste zu sehen. Spannende Frage: Welche Orchidee werden wir wohl als erste auf Rhodos sehen? Die Antwort gibt eine am Hang blühende Sizilianische Ragwurz (Ophrys sicula). Während wir uns ans Wandern und den auf etwa 10 Kilogramm begrenzten Rucksack gewöhnen, sehen wir auf unserem Weg nach Rhodos-Stadt auch noch eine Pyramiden-Hundswurz (Anacamptis pyramidalis), eine verblühte Pflanze aus der Gruppe von Ophrys fusca und eine etwas merkwürdig geformte Spiegel-Ragwurz (Ophrys speculum).  

anacamptis pyramidalis 1Am Nachmittag treffen wir in der Stadt Rhodos ein und finden unsere Unterkunft in den Galanopetra Studios. Den Rest des Tages nutzen wir für eine Besichtigung der Altstadt, mit dem Großmeisterpalast des Johanniterordens. In der Vorsaison sind die verwinkelten Straßen fast menschenleer, die meisten Touristenläden noch geschlossen. So können wir alles in Ruhe anschauen. Typisch für Rhodos ist das besondere Pflaster mit hellen und dunklen Strandkieselsteinen.

rhodos altstadt 1

rhodos hafen

rhodos altstadt 2


In der Phrygana

Um nicht wieder so lange durch die Vorstädte laufen zu müssen, nehmen wir am 2. April den Bus nach Faliraki, wo die Ostküste von Rhodos beginnt. Hier reihen sich die touristischen Orte aneinander, die Küste ist stark zersiedelt, in der Vorsaison wirken die Hotelburgen wie Geisterstädte. Auf dem Weg entlang der Küstenstraße 95 finden wir abseits der großen Zentren aber auch die ersten Hänge mit typischer Phrygana-Vegetation.

phrygana

Zwischen Aleppo-Kiefern, Zistrosen und Thymian (Thymbra capitata) blühen die König-Ferdinand-Ragwurz (Ophrys regis-ferdinandii) und die Busen-Ragwurz (Ophrys mammosa).

ophrys mammosa 1

Auf dem Weg zur Küste sehen wir bei Afantou auch eine weiß blühende Anacamptis pyramidalis.  

anacamptis pyramidalis 2

kolymbia

Bei sonnigem Frühlingswetter schwimmen wir eine Runde im Meer, ehe wir weiterlaufen nach Kolymbia, einer ausgedehnten Siedlung mit Hotels, Ferienanlagen und wenigen Einwohnern, die das ganze Jahr dort leben. Die vielleicht größte Besonderheit von Kolymbia lernen wir gleich kennen, als wir noch zum Einkaufen loslaufen - einer endlos langen, schnurgeraden Eukalyptusallee zur Fernstraße 95. 

Loutani-Tal

Am 3. April laufe ich alleine los, ins Tal des Loutani, einem im April reichlich Wasser führenden Fluss, der von West nach Ost fließt. Schon bald hinter der Fernstraße lockt mich ein Hang hinter dem Wald, mit großen Kalksteinen und dem charakteristischen Phrygana-Strauch der Griechischen Dornwolfsmilch (Euphorbia acanthothamnos), kalkreiche Standorte bevorzugend, notiert zu dieser Art die Flora von Rhodos von Kleinsteuber u.a. Dazwischen blüht das Italienische Knabenkraut (Orchis italica) und der Kleinblütige Zungenstendel (Serapias parviflora). 

serapias parviflora 1 Wieder im Talgrund, sehe ich im lockeren Pinien- und Zypressenwald auch das Schmetterlingsknabenkraut (Anacamptis papilionacea), die endemische Rhodische Ragwurz (Ophrys rhodia) und Ophrys sicula.

ophrys rhodia 1

An den Sieben Quellen oder Epta Piges, einem im April noch wenig besuchten, sonst aber beliebten Ziel von Rhodos-Touristen, fließt reichlich Wasser in lebendigen Bächen. An solchen Orten sind wohl in der Antike Geschichten entstanden wie die von der Nymphe Rhode, die der Insel ihren Namen gab. Ich laufe durch die Kiefernwälder rings um Epta Piges und finde eine Orchidee, die ich zum ersten Mal sehe, mit schönen großen Blüten. Das muss Reinholds Ragwurz sein, Ophrys reinholdii. Weiter laufe ich das stille Tal hinauf, tief unten rauscht der Fluss, bis links am Weg das Kloster St. Nektarios auftaucht.

ophrys reinholdii 1

 agios nektarios

 

 

 

 

 

Hier entschließe ich mich zur Umkehr, zumal das Wetter umschlägt und gewittrig wird. Aber auch im strömenden Regen gibt es besondere Pflanzen zu entdecken, etwa eine Ragwurz aus der auf Rhodos besonders vielgestaltigen Gruppe von Ophrys holosericea, der Hummel-Ragwurz. Möglicherweise ließe sie sich auch als Halia-Ragwurz (Ophrys halia) bestimmen. Diese Art hat Hannes Paulus 2001 beschrieben und benannt nach der Mutter der Nymphe Rhode, der Geliebten des Meeresgottes Poseidon.

ophrys halia

Das Anhängsel der Lippe ist sehr ausgeprägt und nach vorn geschoben. Die gelb-bräunliche Lippe hat eine nahezu rechteckige Form, mit reduzierten Höckern und einem Mal, das sich auf die obere Hälfte der Lippe beschränkt. Das Basalfeld ist mittelgroß und rehbraun, darüber sind die Pseudo-Augen deutlich ausgeprägt. Die Sepalen sind hellviolett, mit einem grünen Mittelnerv, die seitlichen Sepalen nach unten gerichtet, das mittlere leicht nach hinten gestreckt. Die gleichfarbigen Petalen sind dreieckig und von mittlerer Länge. So weit die morphologische Betrachtung, nach der äußeren Form. Welcher Art die Pflanze genetisch am nächsten steht, kann nur vermutet werden. Am vorsichtigsten scheint daher eine Bezeichnung als Ophrys holosericea s.l. zu sein - die Abkürzung s.l. steht für "sensu latu", also in einem weiten Sinne. Der britische Orchideen-Wissenschaftler Richard Bateman wendet sich mit guten Argumenten dagegen, immer neue "Mikro-Arten" zu beschreiben. Er plädiert für eine begrenzte Zahl von Ophrys-Arten, die je nach Standort unterschiedliche Ausprägungen bilden, auch als Folge eines Gen-Flusses mit Einflüssen anderer Arten. In einem Beitrag für die Berichte aus den Arbeitskreisen Heimische Orchideen (Heft 35/1, 2018) spricht er von an already cacaphonous assemblage of innumerable, indistinguishable microspecies, also einer kakaphonen Versammlung zahlloser, nicht unterscheidbarer Mikro-Arten.

Im strömenden Regen laufe ich zurück nach Kolymbia, studiere aber noch eine Orchidee aus der Gruppe von Ophrys fusca, mit gelbem Rand, wahrscheinlich eine kleine Schattenliebende Ragwurz (Ophrys cinereophila). Schutz im Unterholz sucht ein Osterluzeifalter (Zerynthia cerisy).

zerynthia cerisy

Kap Vagia

Am nächsten Morgen scheint wieder die Sonne und wir laufen zusammen zum Kap Vagia, einem Felsvorsprung an der Küste von Kolymbia. Auf dem Weg müssen wir durch die in der Vorsaison wie eine Geisterstadt wirkende Hotelsiedlung, aber dann gelangen wir auf das langgestreckte Kap mit einer eindrucksvollen Phrygana-Vegetation.

kap vagia

Zwischen Dornwolfsmilch und Affodil (Asphodelus ramosus) blühen dort zahlreiche Ophrys regis-ferdinandii, und auch die mit ihr verwandte und im ganzen Mittelmeerraum verbreitete, auf Rhodos etwas kleiner blühende Spiegel-Ragwurz ist hier noch zu sehen.

ophrys regis ferdinandii 1 ophrys speculum

 

 

 

 

 

serapias bergonii

Außerdem blühen hier oben auch Anacamptis pyramidalis und Anacamptis papilionacea. Anacamptis coriophora supsp. fragrans bildet erst ihre Knospen aus, das könnte aber auch Orchis sancta sein. Und neben Serapias parviflora findet sich hier noch eine weitere Zungenstendel-Art, Serapias bergonii.

 

 

Eine besonders schöne Orchidee ist die Große Rhodische Hummelragwurz (Ophrys colossaea) aus der Gruppe von Ophrys holoserica, die sehr viel größer blüht als die Pflanze im Loutani-Tal. Manche dieser prächtigen Pflanzen auf dem Kap Vagia haben markante Flecken in den Sepalen.

ophrys colossaea 1

Auf dem Rückweg begegnen wir noch Ophrys sicula und einer Orchidee aus der Fusca-Gruppe, wahrscheinlich einer Ophrys cinereophila mit gelbem Rand.

Klosterberg Tsambika

Am späten Nachmittag laufen wir den Phrygana-Hang hinauf, auf dessen Höhe das Kloster Tsambika errichtet ist. Wir sehen eine fast verblühte Omega-Ragwurz (Ophrys omegaifera) - später sollen wir diese noch in schöner Blüte sehen. Außerdem auch eine Serapias bergonii und Anacamptis papilionacea. Besonders eindrucksvoll ist hier aber die sonstige Flora, darunter auch eine Rhodische Schachbrettblume (Fritillaria rhodia), die es nur hier auf der Insel gibt und die mir gestern im Loutani-Tal schon zum ersten Mal begegnet ist.

fritillaria rhodia

An einer Felswand blüht ein besonderes Pflänzchen, das wohl ein Tännelkraut ist, also zur Gattung Kickxia gehört, das aber eine andere Färbung hat als die sonstigen Arten dieser Lippenblütler.

kickxia

nach Haraki

Am 5. April laufen wir ein letztes Mal die Eukalyptus-Allee entlang, dann geht es weiter nach Süden, am Berg mit dem Kloster Tsambika vorbei. Im quirligen Städtchen Archangelos setzen wir uns zu Kaffee und Kuchen in ein Café. Danach laufen wir an einem Kiefernwäldchen vorbei, in dem uns Ophrys sicula und rhodia ins Auge fallen. Wir schauen uns den Hang näher an und gelangen weiter oben auf ein Phrygana-Plateau, notieren insgesamt 15 Orchideenarten ins Notizbuch.

ophrys omegaifera 1ophrys cinereophila 1

 

 

 

 

 

Christiane nennt Ophrys omegaifera nur "Pfötchen-Orchidee" - die Lippe ist konvex gewölbt, so dass sie wirklich aussieht wie ein Hundepfötchen. Ophrys cinereophila ist sofort erkennbar, die Blüten sind auffallend klein, der gelbe Rand hebt sich mit deutlichem Kontrast vom tiefen Braun der Lippe ab. Größer sind hingegen die Blüten der Lindos-Ragwurz (Ophrys lindia), die nach dem Städtchen an der Ostküste von Rhodos und der dort verehrten griechischen Göttin Lindia benannt ist.

 

 

 

ophrys lindia 1

 Ähnlich wie diese Ragwurz versteckt sich auch Anacamptis pyramidalis im Dornbusch - hier gibt es Schutz, falls eine hungrige Ziege vorbeikommt.

anacamptis papilionacea 1

Die Busen-Ragwurz (Ophrys mammosa) schiebt ihre Blütenstände weit nach oben und unweit davon sehe ich zum ersten Mal die Dodekanes-Ragwurz (Ophrys heterochila) mit ungewöhnlich großen Blättern am Boden, länglicher Lippe, zugespitzten Höckern und einem großen hellbraunen Basalfeld. Ein eher kleines Basalfeld hat auh eine weitere Ragwurz mit spitz verlängerten Seitenhöckern. Sie erinnert an Ophrys oestrifera, hat aber nicht ganz so markant ausgeprägte Höcker, wie ich es bei der Ophrys oestrifera auf der Krim gesehen habe. Diese Pflanze wurde als Ophrys polyxo beschrieben, die Rhodische Gehörnte Ragwurz.

ophrys heterochila 1ophrys candica 1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Unverkennbar und mir schon aus Apulien und Andalusien vertraut ist die Drohnen-Ragwurz (Ophrys bombyliflora), die auf Rhodos relativ selten ist. 

ophrys bombylifloraDie Vielfalt der Orchideenflora an diesem besonderen kleinen Ort wird ergänzt von Serapias bergonii und Serapias parviflora, Orchis italica, knospender Anacamptis coriophora subsp. fragrans und Anacamptis pyramidalis.dracunculus

Eine besondere Pflanze ist auch die Drachenwurz (Dracunculus vulgaris), die zu den größten Vertretern der Aronstabgewächse zählt.

Am frühen Abend treffen wir in Haraki ein, einem kleinen Fischerdorf mit ganz anderem Charakter als Kolymbia. Wir freuen uns darauf, am nächsten Tag ohne Gepäck die Umgebung zu erkunden. Aber der 6. April ist ein Sturm-und-Regen-Tag, der uns in unserer Unterkunft festhält, weil es vom frühen Morgen bis zum späten Abend in Kübeln vom Himmel herunterkommt. So können wir immerhin sicher sein, dass wir auf dieser Reise nur Standorte mit ausreichend Feuchtigkeit zu sehen bekommen.

nach Pefki und Lindos

Am 7. April freuen wir uns, dass der Regen aufgehört hat und die Sonne wieder da ist. Wir wandern durch Olivenplantagen nach Südwesten. In den Wiesen blühen Serapias bergonii. Auch die Rhodische Ragwurz zeigt sich hier besonders schön.

serapias bergonii 2

 ophrys rhodia 3

ophrys attaviria 1Am Hang eines Kiefernwaldes entdecken wir noch eine weitere Ragwurz-Art, die zur Fusca-Gruppe gehört: Die Attaviros-Ragwurz (Ophrys attaviria) mit einer dunkelbraunen, ziemlich waagrecht ausgerichteten Lippe, die am Rand einen schmalen hellen Rand hat. Benannt ist sie nach dem höchsten Berg von Rhodos, dem Attaviros. In dem stillen Wäldchen an der Straße nach Pilonas blühen auch Ophrys sicula und Ophrys regis-ferdinandii. Christianes "Pfötchenorchidee", Ophrys omegaifera, ist hier schon am Abblühen. Dann wandern wir weiter, aber ich darf noch einmal zurückkehren - weil ich das GPS-Gerät liegen gelassen habe. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zwischen Pilonas und Lardos erreichen wir botanisch gesehen den Süden der Insel: Hier sehen wir zum ersten Mal den Karischen Zungenstendel (Serapias orientalis subsp. carica), eine kräftige Pflanze mit großen Blüten, deren Lippe ziemlich breit ist und in einer intensiven Purpurfarbe leuchtet. 

serapias orientalis 1Gegen Abend treffen wir in Pefki ein. Dieses alte Fischerdorf erstreckt sich inzwischen mit seinen Hotels über einen mehrere Kilometer langen Küstenstreifen. Wir übernachten in den Coralli Apartments und bekommen im Restaurant auf der anderen Straßenseite ein gutes Abendessen.

Am 8. April laufen wir nach Lindos. Dieses besondere Städtchen mit seiner antiken Akropolis wollen wir nicht links liegenlassen. Auf dem Weg sehen wir Serapias bergonii und Serapias parviflora, auch Anacamptis pyramidalis blüht. Bevor wir eintreffen sehen wir die Maultiere im Berg, die dafür gehalten werden, Touristen zur Akropolis hochzutragen. Diese hier dürfen sich aber gerade entspannen.

maultiere

lindos

akropolis

Den Weg zur Akropolis hinauf säumen Felsen, die mit der endemischen Hagios-Glockenblume (Campanula hagielia) bewachsen sind, einer reich blühenden endemischen Art. 

campanula hagielia

nach Gennadi

Begleitet von etlichen Regenschauern laufen wir am 9. April weiter nach Süden. In der Nähe von Lardos erkunde ich einen Phrygana-Hang mit Ophrys sicula, Ophrys rhodia und weiß ophrys blitoperthablühenden Anacamptis pyramidalis. Zwischen Salbei versteckt sehe ich hier eine weitere Fusca-Orchidee, die Käfer-Ragwurz (Ophrys blitopertha) mit einem markanten gelben Rand um die längliche braune Lippe, die am Eingang zum Narbengrund hellbraun gefärbt ist. 

Wir sind erstaunt, dass auch die südlichere Ostküste teilweise ziemlich verbaut ist, mit großen, in der Vorsaison vereinsamten Hotelanlagen. Aber dazwischen darf sich die Natur noch entfalten. So finden wir aus dem weiteren Umfeld von Ophrys holoserica eine Orchidee, auf die die Beschreibung von Ophrys calypsus zutrifft, die wir aber erst noch weiter studieren wollen.

An einem sandigen Phrygana-Hang mit schönen Zistrosen blüht auch der Strandstern (Asteriscus aquaticus). Die gelb blühende Pflanze aus der Familie der Korbblütler schmiegt sich dicht an die Erde.

asteriscus aquaticus

In Gennadi begrüßt uns Eleni im Panorama-Hotel. Weil noch etwas Zeit bis zum Abend ist, laufe ich aus dem hübschen Dorf hinaus und komme bald auf einen schönen Phrygana-Hang. Ich lasse mich auch vom lauten Gebell eines Wachhunds nicht abhalten, die Orchideen dort zu erkunden. Im späten Tageslicht leuchten Serapias orientalis subsp. carica und Ophrys attaviria.

serapias orientalis 3       ophrys attaviria 3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch Ophrys blitopertha und Orchis italica sind hier zu finden. Und schöne Ophrys mammosa, die steil aus dem Dornbusch herausragen. 

ophrys mammosa 2


Agios Pavlos

Für den Abstecher in den Süden hat uns Eleni ein Taxi organisiert. So überbrücken wir die Entfernung, zumal es in dem dünner besiedelten Süden der Insel sehr viel weniger Unterkunftsmöglichkeiten gibt. Georgios fährt mit uns in Richtung Kattavia, wo wir an der einsam gelegenen Klosterkirche Agios Pavlos einen besonderen Phrygana-Hügel erkunden.   

agios pavlosSchon an der Kirchenmauer blühen Serapias orientalis subsp. carica und die Naxos-Ragwurz (Ophrys beloniae), eine Orchidee mit imposanter Färbung.

Ophrys beloniae 1

Etwas höher gelegen, zwischen Serapias parviflora und Ophrys regis-ferdinandii sehe ich wieder Ophrys polyxo, mit deutlich verlängerten Seitenhöckern. Auch eine Hybride Ophrys beloniae x polyxo blüht hier.

ophrys polyxo 1

Nur im Süden von Rhodos zu finden ist die Kleine Rhodische Ragwurz (Ophrys parvula), die hier nur sechs oder sieben Zentimeter über dem Boden blüht und deutlich kleiner ist als die ansonsten ähnliche Ophrys attaviria. Ob dies die Einstufung als eigene Art rechtfertigt, ist fraglich. Aber das kümmert das schöne kleine Pflänzchen nicht. 

ophrys parvula 1

Besonders prächtig ist hier auch Anacamptis pyramidalis mit leuchtend rosa Blüten.

anacamptis pyramidalis 5


Attaviros

Georgios bringt uns danach weiter zur Westküste und wieder nach Norden. Unser Ziel ist das Bergstädtchen Embonas am Fuß des Attaviros, der mit 1215 Metern der höchste Berg auf Rhodos ist.

embonas

Nach der Ankunft im Hotel Attaviros warten wir, bis es aufgehört hat zu regnen und laufen in südlicher Richtung aus der Stadt heraus. Bald sind wir wieder in der Phrygana und finden auch gleich Orchideen. Wie schon am Morgen Ophrys polyxo, dann Reinholds Ragwurz (Ophrys reinholdii) und Roberts Mastorchis (Himantoglossum robertianum).

himantoglossum robertianum 1

Beim Abendessen im Hotel sind wir mit einer britischen Reisegruppe zusammen, die auf Orchideensuche ist, geleitet von John Dunn und Yiannis Christofidis. 

An einem endlich wieder sonnigen Morgen laufen wir am 11. April nach Süden, am Fuß des Attaviros entlang. Bald sehen wir am Wegrand Ophrys sicula, Ophrys omegaifera und Himantoglossum robertianum, zusammen mit dem Nickenden Milchstern (Ornithogalum nutans) und dem Berg-Milchstern (Ornithogalum montanum). Dann sehen wir auch zum ersten Mal auf der Reise das Anatolische Knabenkraut (Orchis anatolica). 

orchis anatolica 1

Wir laufen einen alten Weinberg hinauf, in den ehemaligen Terrassen blüht die schöne Hufeisen-Ragwurz (Ophrys ferrum-equinum). Das markante silberne Hufeisen-Mal auf der dunklen Lippe ist mal durchgängig, mal unterbrochen. Die Lippe ist fast ungeteilt, ganzrandig, ohne Seitenhöcker. Sepalen und die ziemlich langen purpurroten Petalen sind nach hinten zurückgeschlagen. 

ophrys ferrum equinum 1

 

ophrys calypsus 1Auf dem kalkreichen Weinbergsboden blüht auch die Calypso-Ragwurz (Ophrys calypsus), benannt nach einer Nymphe. Diese Orchidee ist mit der wohl nur auf Kreta vorkommenden Ophrys heldreichii verwandt. Die Höcker der Lippe sind nicht so stark verlängert wie bei Ophrys polyxo. Die Lippe ist bauchig, Sepalen und Petalen haben die gleiche, meist hellviolette Farbe.

Auf der anderen Seite der Straße erstreckt sich an einem Hang ein weiterer ehemaliger Weinberg, ein paar Reben stehen noch. Im oberen Teil der Wiese blühen zahlreiche Ophrys reinholdii, wie ich sie zuerst im Loutani-Tal gesehen habe. 

 

ophrys reinholdii 3

 

 

 

 

 

 

 

Ich laufe die Wiese hinunter, wo sich ein Bach durch dichtes Gras schlängelt. Wieder etwas weiter oben sehe ich eine Gruppe von Orchideen, die deutlich anders sind als die Hufeisen- oder Reinholds Ragwurz. Zuerst denke ich an eine Hybride, aber später wird mir klar, dass hier die seltene Licht-Ragwurz (Ophrys lucis) blüht. Die Lippen sind ziemlich breit, die Seitenlappen schmiegen sich an die Mitte an, das Mal ist klein und leuchtet.

ophrys lucis 1

Weil so viel zu sehen ist, kommen wir kaum voran. Aber schließlich laufen wir am Waldrand weiter, wo die Keuschorchis (Neotinea maculata) in 550 Metern Höhe noch am Blühen ist. Unsere Mittagsrast halten wir inmitten von Rhodischen Alpenveilchen (Cyclamen rhodium).

cyclamen

neotinea maculata 1

Wir laufen noch bis zur kleinen Kapelle von Agios Georgios. Auch dort blühen schöne Ophrys reinholdii, zusammen mit Ophrys sicula, Ophrys omegaifera und Orchis anatolica. Dann kehren wir um und beschließen den Tag mit Fachgesprächen mit John Dunn und seiner Gruppe.

Am 12. April möchten wir uns zunächst die Licht-Ragwurz noch einmal genauer anschauen. Die unteren Blüten sind schon verblüht, eine hat bereits einen Fruchtstand ausgebildet. Eine Pflanze hat eine ungewöhnlich intensive Rotfärbung in der Lippe.

ophrys lucis 2   ophrys lucis 3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dann laufen wir weiter bis zur Kapelle und von dort aus den Fahrweg in Richtung Attaviros-Gipfel. Unterwegs fallen uns immer wieder noch nie gesehene Pflanzen auf. Dies hier müsste wohl eine Kälteliebende Schwarzwurzel (Scorzonera psychrophila) sein, die als ziemlich selten gilt. 

scorzonera

orchis anatolica 2

 

 

anemoneImmer höher laufen wir hinauf. Wir passieren zunächst einen Hang mit vielen Orchis anatolica und schönen Blicken aufs Meer, auf Chalki und viele andere Inseln. Dann geht es durch einen eigentümlichen Märchenwald mit vielen Kronen-Anemonen (Anemone coronaria). Zuletzt geht es eine karge Hochfläche hinauf mit niedrigen Phrygana-Gewächsen und einigen wenigen Orchideen. Schließlich kehren wir wieder um. Ich steige noch einmal den Hang mit den vielen Orchis anatolica hinauf. Dort blüht eine einzelne Weißglanz-Ragwurz (Ophrys candica) mit rechteckiger Lippe, schwach ausgeprägten Seitenhöckern und einem kleinen Basalfeld.

ophrys candica 3

Profitis Ilias

Am 13. April verabschieden wir uns von Embonas und laufen bei bewölktem Himmel und lebhaftem Wind in Richtung Profitis Ilias, dem mit 798 Metern zweithöchsten Berg auf Rhodos. Dabei machen wir zunächst noch einen kleinen Umweg zur Nordostseite des Attaviros. Auf einem Phrygana-Hügel hinter einem Olivenhain blühen Ophrys ferrum-equinum, Ophrys reinholdii und Anacamptis papilionacea. Auf unserem weiteren Weg begegnen uns auch Ophrys mammosa und Ophrys regis-ferdinandii, am Waldrand blüht blau die Mittagsschwertlilie (Moraea sisyrinchium). Schließlich treffen wir am Profitis Ilias ein, wo sich uns eine noch etwas andere Orchideenflora präsentiert als am Attaviros. Dazu gehört das Provenzalische Knabenkraut (Orchis provincialis).

orchis provincialis 1

Aber auch Neotinea maculata blüht noch, während der Violette Dingel (Limodorum abortivum) gerade erst seine spargelähnlichen Triebe nach oben schiebt. Die häufigsten Ragwurzarten hier ophrys heterochila 3sind Ophrys reinholdii und Ophrys heterochila mit seinen großen Blättern und dem ausgeprägten Basalfeld am Lippeneingang der Blüten. 

arisarumAm 14. April, dem letzten Sonntag unserer Reise, laufen wir einmal im Uhrzeigersinn um den Profitis herum. In den geheimnisvollen Wäldern unterhalb des Hotels Elafos schiebt der Krummstab (Arisarum vulgare) seinen Blütenkolben nach oben. Die häufigste Orchidee ist Orchis anatolica. Aber wir sehen auch Neotinea maculata und Ophrys reinholdii wieder.

Auf halbem Weg entdecken wir in einem etwas feuchteren Waldstück das Kleine Knabenkraut (Anacamptis morio). In 640 Metern Höhe ist das sonst eher früh blühende Knabenkraut noch in schönster Blüte.

anacamptis morio

 anacamptis laxiflora 1Wo ein kleiner Bach den lockeren Kiefernwald durchquert, blüht auch das Lockerblütige Knabenkraut (Anacamptis laxiflora). Mit dieser Entdeckung hätte ich nie gerechnet, zumal diese Art auf Rhodos nur noch auf einigen wenigen Standorten vertreten ist. Immer wieder laufen wir durch die stillen Wälder. Auch auf dem Weg begegnen wir nur selten anderen Menschen.

Ophrys attaviria ist hier schön zu finden. Und kurz vor Ende unseres Rundwegs sehen wir auch den auf Rhodos eher seltenen Ohnsporn (Orchis anthropophora) am Waldrand blühen. 

ophrys attaviria 5

 

 

orchis anthropophora 1

 

 

 

 

 

 

Am 15. April weckt uns ein Regenbogen und wir laufen einen kleinen Pfad vom Profitis Ilias hinab. Viele Serpentinen führen uns durch die Felsen nach unten, wo wir ein Wäldchen mit kleinwüchsigen Kermeseichen durchqueren.  

profitis ilias

kermeseichen


Von Sálakos zum Meer

In Sálakos freuen wir uns in einem Café über den schönen Abstieg und kommen mit Bewohnern des kleinen Städtchens ins Gespräch. Immer wieder treffen wir Menschen, die eine zeitlang zum Arbeiten in Deutschland waren. Ein älterer Mann zeigt uns stolz seinen Firmenausweis.  Über Feldwege laufen wir weiter nach Norden. Bald begleitet uns wieder Ophrys rhodia, die in den Bergen nicht zu sehen war. 

ophrys rhodia 4

ophrys mammosa 4

Eine zeitlang laufen wir über einen Phrygana-Höhenrücken mit auffallend vielen Ophrys mammosa. Sonst notiere ich nur Anacamptis pyramidalis im Notizbuch. Vielleicht sind es die Bergziegen, die hier die Vielfalt der Flora überschaubar halten.

 Wir genießen die Stille im ruhigeren Westen der Insel, stundenlang laufen wir in Richtung Küste, ohne ein einziges Anwesen zu passieren. Die Eindrücke der vergangenen Tage waren vielfältig. Allmählich bekommen wir aber eine Vorstellung auch von schwieriger zu bestimmenden Arten wie Ophrys calypsus, die an der Westküste reichlich blüht. Unser Ziel ist die kleine Siedlung Kalavarda. Dort ist es wieder viel wärmer als in den Bergen. Wir kommen bei Yvonne und Stergios in Melina's Apartment unter - die letzte Unterkunft der Reise ist auch die beste.

ophrys calypsus 3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kalavarda 

Am 16. April laufen wir von Kalavarda nach Kamiros. An einem dichtbewachsenen Phrygana-Hang blüht die Große Rhodische Hummelragwurz, Ophrys colossaea, die wir zuerst auf dem Kap Vagia an der Ostküste gesehen haben. Einige der prächtigen Blüten haben einen gelben Lippenrand.

ophrys colossaea 3

Die antiken Ausgrabungen von Kamiros sind ausgerechnet heute nicht zur Besichtigung geöffnet. Aber wir laufen noch auf einen Hügel hinauf und sehen unter anderem schöne Ophrys calypsus, ehe wir am Strand entlang zurücklaufen und abends in einem Fischrestaurant die einzigen Gäste sind.

Am letzten Tag unserer Reise fährt uns Stergios in seinen Weinberg, der einige Kilometer südlich in den Hügeln liegt.

weinberg

Auf dem langsamen Weg über die Hügel zurück sehen wir wieder Ophrys polyxo mit deutlich zugespitzten Seitenhöckern. Und neben Ophrys mammosa zum ersten Mal auch eine Regenbogen-Ragwurz (Ophrys iricolor). Ophrys coriophora subsp. fragrans und Orchis sancta sind in diesem wohl eher kühlen Frühling noch nicht erblüht, wir sehen immer wieder knospende Pflanzen. Aber nun ist unsere Zeit beendet. Nach rund 250 Kilometern zu Fuß durch Rhodos nehmen wir Abschied von der Insel und ihren gastfreundlichen Menschen.

ophrys polyxo 3 ophrys iricolor 1

 

 

 

 

 

 

kalavarda


 

 

Artenliste

  • Anacamptis laxiflora
  • Anacamptis morio
  • Anacamptis papilionacea
  • Anacamptis pyramidalis

  • Himantoglossum robertianum

  • Limodorum abortivum

  • Neotinea maculata

  • Ophrys attaviria
  • Ophrys beloniae
  • Ophrys blitopertha
  • Ophrys bombyliflora
  • Ophrys calypsus
  • Ophrys candica
  • Ophrys cinereophila
  • Ophrys colossaea
  • Ophrys ferrum-equinum
  • Ophrys heterochila
  • Ophrys holosericea s.l.
  • Ophrys iricolor
  • Ophrys lindia
  • Ophrys lucis
  • Ophrys mammosa
  • Ophrys omegaifera
  • Ophrys parvula
  • Ophrys polyxo
  • Ophrys regis-ferdinandii
  • Ophrys reinholdii
  • Ophrys rhodia
  • Ophrys sicula
  • Ophrys speculum

  • Orchis anatolica
  • Orchis anthropophora
  • Orchis italica
  • Orchis provincialis

  • Serapias bergonii
  • Serapias orientalis subsp. carica
  • Serapias parviflora