Nach einem Hinweis meines Orchideenfreunds Marco Klüber fahre ich am 30. Mai mit Zug und Fahrrad nach Schweinfurt. Mein Ziel ist das Riedholz bei Schwebheim, ein von einem Bach durchflossenes Wäldchen mit einer angrenzenden Pfeifengraswiese. Am Anfang des Naturschutzgebiets macht mich ein Schild auf den wilden Hopfen aufmerksam. Hier blühen auch Klappertopf (Rhinanthus minor) und Kuckuckslichtnelken (Lychnis flos-cuculi)
Dann geht es hinein ins Naturwaldreservat, das 1999 eingerichtet wurde. Ein Wegweiser der Unteren Naturschutzbehörde weist auf die besondere Art hin, die mich heute hierher geführt hat.
Bald darauf tauchen sie auch auf, rechts und links am schmalen Pfad, der Frauenschuh (Cypripedium calceolus) ist gerade noch in voller Blüte.
Aber der eigentliche Höhepunkt der Exkursion versteckt sich noch etwas weiter im Wald, geschützt von einem Holzgatter. Dort blüht zwischen Brombeeren eine Gruppe von Frauenschuh-Orchideen ohne die braunrote Farbe in Sepalen und Petalen. Wie bei anderen Orchideen wird diese Farbe durch ein Pigment aus der Gruppe der Anthocyanine gebildet, genannt Chrysanthemin. Fällt dieses aus, bleiben Carotinoide und Chlorophyll als farbgebende Pigmente erhalten. Dadurch bildet diese Pflanze gelbe bis grünliche Blüten. Mit dem Tele-Objektiv werden auch Aufnahmen aus der Distanz möglich.
Am Riedholz-Wald grenzt eine ausgedehnte Pfeifengraswiese an, auf der die Wiesen-Schwertlilie (Iris sibirica) blüht. Auch das Helmknabenkraut (Orchis militaris) ist hier zuhause, um diese Zeit schon abblühend.
Auf meiner Rückfahrt nach Schweinfurt komme ich an einer schönen Feuchtwiese vorbei, die schon von weitem mit ihren purpurfarbenen Blütenständen auffällt.
Hier blühen zwei Knabenkräuter, das Fleischfarbene (Dactylorhiza incarnata) mal heller mal dunkler und mit ungewöhnlich langen Blütenlippen, das Breitblättrige (Dactylorhiza majalis) in seiner typischen Ausprägung mit intensiv purpurfarbenen Blüten und breiten Lippen.
Bald darauf bin ich in Schweinfurt zurück, beschließe den Tag mit Gedanken an den wilden Hopfen beim fränkischen Bier.
In den Wäldern am Main
Weiter mainaufwärts im Unterfränkischen gibt es schöne Orchideenwälder zwischen Karlstadt und Lohr am Main, die ich von 2005 bis 2009 wiederholt von Frankfurt aus besuche. Ende Mai und Anfang Juni blüht dort die Braunrote Stendelwurz (Epipactis atrorubens) mit anmutig angeordneten Blättern und leuchtenden Blüten.
Im Juli folgen dann weitere Arten der Gattung. Am häufigsten ist die Breitblättrige Stendelwurz (Epipactis helleborine), die an ihren namengebenden Blättern leicht zu erkennen ist. In der Blüte heben sich die Petalen mit ihrem rötlichen Farbton markant vom Grün der Sepalen ab. Dazu passt die rötliche Vorderlippe (Epichil), die spitz zuläuft und mit einem rundlichen Durchgang zum dunkelbraunen Napf der Hinterlippe (Hypochil) führt. Die Pflanze wird von Insekten bestäubt.
Selbstbestäubend ist hingegen Müllers Stendelwurz (Epipactis muelleri) mit kürzeren und schmaleren Blättern. Die Blüte ist blasser, der Durchgang zwischen Epichil und Hypochil ist eher breit. Die Vorderlippe ist breiter als lang, oft herzförmig.
Ebenfalls autogam, also selbstbestäubend und von zartem Wuchs ist die Schmallippige Stendelwurz (Epipactis leptochila). Die Blüten sind glockenartig nach unten geneigt. Die Vorderlippe ist zugespitzt.
Noch etwas zierlicher als die Blüten von Epipactis leptochila sind die der Übersehenen Stendelwurz (Epipactis neglecta), die meist nach unten hängen. Sie haben lange Tragblätter, die waagrecht oder nach unten stehen. Der Durchgang zwischen Hypchil und Epichil ist sehr eng. Die Lippenspitze ist meist nach unten gebogen.
Erst Ende Juli und Anfang August blüht die Violette Stendelwurz (Epipactis viridiflora - Synonym: Epipactis purpurata). Die Laubblätter der kräftigen Pflanze sind violett überlaufen. die Blüten sind weit geöffnet. Die herzförmige Vorderlippe ist nach vorne gestreckt oder nach unten geschlagen.